Mit 19 Jahren wagte Jan Lässer den Sprung ins kalte Wasser: Er brach das fünfte Schuljahr des Gymnasiums ab und machte sich auf die Suche nach einer Lehrstelle. Zehn Jahre später weiss er, dass dieser vermeintliche Rückschlag wohl eine seiner besten Entscheidungen war.
Text: Daniela Barmettler (Leiterin Kommunikation) / Bild: Andreas Becker (Grafik & Design)
Publiziert am 5. August 2024
Als ich im Oktober 2014 meine Stelle bei der Messe Luzern antrat, hatte Jan Lässer soeben seine Ausbildung zum Mediamatiker EFZ mit Berufsmatura begonnen. Freundlich, hilfsbereit und selbstbewusst nahm ich ihn als Lernenden wahr. «Die Ausbildung bei der Messe Luzern beginnen zu können, war für mich eine Erleichterung und eine grosse Freude. Endlich hatte ich das gefunden, was mich erfüllt», erinnert sich Jan Lässer. Denn sein Weg dorthin war nicht ganz einfach, wie er mir erzählt.
Abbruch
Jan besuchte die Kantonsschule Alpenquai in Luzern. Die Schulbank zu drücken begeisterte ihn mässig, auch wenn er mit geringem Aufwand durch die einzelnen Schuljahre kam. Im 5. Schuljahr wendete sich das Blatt. «Ich merkte, dass ich mehr Zeit zum Lernen investieren musste, um die nötigen Noten zu erreichen. Doch ich bekam das nicht auf die Reihe. Ich fühlte mich nicht am richtigen Ort.» Auch das Wiederholen des Schuljahres half nichts: Der Stress und die Unzufriedenheit blieben. Jan entschied sich, den Stecker zu ziehen und sich auf die Suche nach einer Lehrstelle zu machen. Dies gestaltete sich in den Frühlingsmonaten schwierig, da viele Lehrstellen bereits vergeben waren.
Jans Karriere bei der Messe Luzern: Praktikum in der Abteilung Betrieb & Infrastruktur, Lehre als Mediamatiker EFZ, Angestellter IT, Leiter IT.
Neuorientierung
«Es war wirklich frustrierend. Meine Kolleginnen und Kollegen hatten inzwischen die Matura oder eine Lehre abgeschlossen, verdienten ihr erstes Geld und konnten ihre Freizeit geniessen. Ich stand mit 19 Jahren weder mit einem Abschluss noch mit einer Lehrstelle da.» So entschied sich der Luzerner «irgendwo» ein Praktikum zu machen und sich auf eine Lehrstelle im Herbst 2014 zu konzentrieren. «Es war das erste Mal, dass ich mich überhaupt mit der Berufswelt und auch mit meinen Interessen auseinandersetzte.» Technik, Informatik, Veranstaltungen waren die Begriffe, die immer wieder aufkamen. «Dank eines Tipps aus der Familie schickte ich eine Bewerbung an die Messe Luzern. Und ich hatte Glück», sagt Jan mit einem Strahlen.
«Die Ausbildung bei der Messe Luzern beginnen zu können, war für mich eine Erleichterung und eine grosse Freude. Endlich hatte ich das gefunden, was mich erfüllt.»
Jan Lässer
Aufbruch
Im September 2013 begann er sein Praktikum in der Abteilung Betrieb & Infrastruktur der Messe Luzern. Die Verantwortlichen bemerkten rasch, dass sie mit Jan einen engagierten und gewieften jungen Mann in ihrem Team hatten – auch der damalige Leiter IT Alain Poli. So durfte Jan nicht nur im B&I-Team mithelfen, sondern immer mal wieder die IT-Abteilung unterstützen. «Das hat mir richtig viel Spass gemacht», erinnert sich Jan. Als er erfuhr, dass die Messe Luzern eine Lehrstelle als Mediamatiker EFZ ausschreibt, wollte er sich unbedingt bewerben. «Ich fühlte mich sehr wohl bei der Messe Luzern und mich begeisterte die Vielseitigkeit eines Mediamatikers. Man ist Generalist, kann in verschiedenen Bereichen Erfahrung sammeln und sich später spezialisieren. Genau das habe ich gesucht.»
Jan hatte endlich gefunden, was ihm Freude macht und er durfte im November 2013 den Vertrag für die Lehrstelle Mediamatiker EFZ mit Berufsmatura unterzeichnen. Er kann sich noch gut an diesen Moment erinnern: «Vom Gymnasium hatte ich wirklich kein Musterzeugnis vorzuweisen. Aber ich habe der Messe Luzern versprochen, dass es besser wird, weil ich ab jetzt etwas machen darf, das mich erfüllt. Ich bin der Messe Luzern heute noch dankbar, dass ich damals diese Chance bekommen habe.»
Im Archiv entdeckt: Das IT-Team im Sommer 2019. Jan (rechts ;-)) und sein Ausbilder Alain Poli (links).
Abschluss
Mit 20 Jahren mit der Ausbildung zu starten, war für Jan anfangs nicht einfach. Der damalige Lernendenbetreuer der Messe Luzern, Markus Hirt, hat ihm in dieser Zeit etwas Entscheidendes mit auf den Weg gegeben: «Markus sagte mir mehrmals: Was sind schon vier Jahre auf deine gesamte Berufskarriere gesehen. Nimm dir jetzt die Zeit, um dich neu zu orientieren, deinen Platz und eine persönliche Zufriedenheit zu finden.» Jan lächelt und ergänzt nach einer kurzen Pause: «Das würde ich heute sofort unterschreiben.»
Jan legte sich ins Zeug. Er absolvierte die Ausbildung mit viel Engagement und Freude – und durfte entsprechend Verantwortung übernehmen und Projekte begleiten. «Alain unterstützte mich während meiner Ausbildung in allen Belangen. Er brachte immer Verständnis für mich als Lernenden auf und die Zusammenarbeit war auf Augenhöhe. Im Allgemeinen fühlte ich mich bei der Messe Luzern wertgeschätzt und konnte fachlich, aber auch als Mensch sehr vieles lernen, was mir heute zugutekommt.»
Im Sommer 2018 schloss Jan seine Ausbildung ab – den nächsten Schritt bereits geplant: «Ich wollte ein Studium absolvieren und am liebsten bei der Messe Luzern bleiben.»
«Ich wusste genau, was ich wollte. Und dann ist wichtig, dass man hinsteht und dies auch mitteilt. Nur so kommt man weiter.»
Jan Lässer
Umbruch
Beide Ziele erfüllten sich und ein Jahr später begann Jan berufsbegleitend die Ausbildung zum Dipl. Wirtschaftsinformatiker HF. «Ich wusste genau, was ich wollte. Und dann ist wichtig, dass man hinsteht und dies auch mitteilt. Nur so kommt man weiter», erklärt Jan. Der Zufall wollte es, dass – noch während Jan in der Weiterbildung war – Alain Poli eine neue Herausforderung annahm und die Messe Luzern als Leiter IT verliess. Als Jan dies erfuhr, war für ihn klar: «Ich möchte diesen Job übernehmen.»
Erfüllung
Seit drei Jahren leitet Jan das IT-Team der Messe Luzern. Wie es ihm gefällt, möchte ich wissen. «Sehr gut. Vieles, das mir vorgelebt wurde, kann ich weitergeben. Und das klingt vielleicht ein bisschen pathetisch, aber die Messe Luzern hat immer an mich geglaubt und jetzt kann ich etwas zurückgeben.» Vom Lernenden zur Führungsperson innerhalb von zehn Jahren. Für Jan gar nicht so verrückt: «Ich kenne das Unternehmen, unsere Prozesse und Systeme sehr gut. Das ist ein grosser Vorteil.» Und so hat der 30-Jährige auch keine schlaflosen Nächte, wenn er Grossprojekte wie beispielsweise die Einführung neuer Systeme oder die Modernisierung der IT-Umgebung verantwortet. «Wichtig ist, immer sein Bestes zu geben. Mehr kann man gar nicht.»
Wöchentliche Sitzung des IT-Teams mit Simon Stäuble (links) und Daniel Simmen (rechts).
Ausblick
Und was bleibt bei einem Blick auf die vergangenen zehn Jahre? «Man muss den Mut aufbringen, neue Wege einzuschlagen, wenn etwas nicht stimmt. Wichtig ist, das zu finden, das einem ganz persönlich begeistert, egal was andere machen.» Und das erzählt mir Jan nicht nur auf meine Frage hin, sondern er setzt sich auch aktiv dafür ein, junge Menschen in der Berufswahl zu unterstützen. Einerseits bildet er jetzt selber einen Lernenden Mediamatiker aus, andererseits über er an der Zebi mit Jugendlichen ihre Bewerbungsgespräche und er hat schon verschiedene Projekte mit dem Berufsverband oder der Berufsberatung umgesetzt. Mit dem klaren Ziel: «Ich möchte Jugendlichen Mut machen, die am gleichen Punkt sind, wie ich es einmal war.»
